Manche Tracks, vor allem aus den Genres Jazz und Klassik, sind leiser als wir sie senden wollen, haben dabei aber eine so hohe Dynamik, dass sie sich nicht ohne Clipping auf den bei uns übliche Lautstärke-Pegel bringen lassen. Anders ausgedrückt: Die Spitzen der Aussteuerung liegen so hoch über dem Mittelwert, dass beim Anheben des Mittelwerts auf den gewünschten Pegel die Spitzen "abgeschnitten" werden – was besch… klingt, wenn es mehr als nur ganz wenige Samples betrifft. Man beachte: Das kann auch bei Sprache (Moderationen) passieren!
(Private Anmerkung: Bei einem Sendepegel 92 dB – für Musik – tritt das Problem deutlich seltener auf als bei 95 dB. Daher sendet Studio Erlangen mit 92 dB. Das hat weder unerwünschte Nebenwirkungen, noch beeinträchtigt es den Klang.)
Abhilfe schafft, den Track mit einem Dynamik-Kompressor zu bearbeiten. Hier eine quick-and-dirty-Anleitung, wie ich das mit Audacity (2.3.x) mache:
Vorbereitung:
Im Menü Effetcs → Compressor definiert man sich (Manage → Save Preset) mehrere Voreinstellungen:
minimal: Threshold = -2 dB
normal: Threshold = -6 dB
stark: Threshold = -9 dB
extrem: Threshold = -12 dB
für Moderation: Threshold = -6 dB, Noise Floor = -25 dB
In allen Fällen:
Noise Floor = -45 dB (außer bei "Moderation": -25 dB)
Ratio = 6:1
Attack Time = 0.50 sec
Release Time = 1.0 sec
Make-up gain for 0 dB…" ist NICHT angekreuzt
"Compress based on peaks" IST an.
Falls ihr mit dem Abspeichern von Presets nicht klarkommt, dann genügt es, alles einmalig einzustellen – Audacity merkt sich da ja – und dann nur Threshold und ggfl. Noise Floor zu ändern.
Die x-Achse der Kurven in den obigen Screenshots ist die Amplitude des ursprünglichen Signals. die y-Achse ist das nach der Kompression resultierende Signal. Man sieht: leisere Stellen werden angehoben, aber ab einer bestimmten Grenze wird die Anhebung schwächer, und Spitzen, die bereits bei 0 dB sind, werden gar nicht mehr angehoben. Der Track wird also insgesamt lauter, ohne dass die Spitzen höher werden.
Zum eigentlichen Bearbeiten gehe ich folgendermaßen vor:
1) Den Track in Audacity importieren. Idealerweise sollte er verlustlos (z.B. als FLAC oder WAV) vorliegen.
2) Den gesamten Track auswählen. Mit Effect → Amplify die Amplitude entspr. der automatischen Vorgabe anheben; danach sind die Spitzen bei 0 dB ("oberer Anschlag"). Der Schritt entfällt, falls die max. Amplitude bereits 0 dB ist.
3) Den gesamten Track auswählen. Effects → Compressor aufrufen, die "normale" Stufe wählen (Manage → Use Preset → …) und damit bearbeiten.
4) Den Track als mp3 exportieren. Audacity geöffnet lassen!
5) Die mp3-Datei pegeln (oder den Pegel anzeigen lassen, falls man ein Tool dafür hat).
Falls Mp3gain nun gar nicht mehr oder nur "nach unten" korrigieren will: fertig!
Falls aber immer noch "nach oben" korrigiert werden muss, dann…
6) In Audacity die Kompression rückgängig machen (Edit→Undo…) und mit einer stärkeren Stufe wiederholen.
Falls der erste Versuch bereits einen viel zu hohen Pegel ergibt: Kompression rückgängig machen und mit Einstellung "minimal" wiederholen.
(Wenn "nach unten" korrigiert werden muss und ihr euch den exakten Pegel anzeigen lassen könnt, dann besteht auch die Möglichkeit, den Pegel in Audacity entspr. zu ändern und dann eine bereits exakt gepegelte Datei zu exportieren.)
Bei Ansagen von vornherein die Einstellungen "für Moderation" auswählen! Dabei ist der "Noise Floor" relativ hoch gewählt, so dass Hintergrundgeräusche nicht so arg angehoben werden. Stärkere Kompression habe ich normalerweise nicht gebraucht.
PS: Dynamik-Kompression gleicht eine schwankende Lautstärke des Sprechers ein klein wenig aus; sie macht bei Ansagen also auch unabhängig vom Problem der Übersteuerung Sinn. Meine Ansagen sind i.d.R. so bearbeitet.
Anmerkungen:
Ich hoffe, die Informationen lassen sich auch auf andere Audio-Editoren übertragen.
Der Arbeitsablauf und die o.g. Einstellungen haben sich bisher bewährt; kann trotzdem sein, dass es auch einfacher und/oder noch besser geht.
Falls Mp3gain die Datei nach dem "ersten Versuch" nur noch wenig lauter macht (1 Stufe, 1,5 dB), kann man sich auch mal das so erzielte Ergebnis (also die gepegelte mp3-Datei) in Audacity ansehen und anhören. Wenn nur wenige und kurze Spitzen clippen, kann man das so lassen.
Dynamik-Kompresson ist auch dann nützlich, wenn ein Track beim gewünschten Durchschnitts-Pegel zwar nicht clippt, aber Passagen enthält, die für eine Wohnzimmer-Umgebung zu leise sind.
Bitte beachtet auch die Tipps auf der Homepage: FAQ - Was ist »Pegeln«? Wie erreicht man, dass alle Tracks einer Sendung gleich laut klingen? (für registrierte User).
Dynamik-Kompression (hier am Beispiel von Audacity)
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